Ein Tag wie ein Geschenk

Manche Tage sind wie barfuß durch das weiche Moos laufen und das Gesicht dem warmen Sommerregen entgegen strecken.
Zehn Uhr: Die Herde im Café Benno vereint – zumindest ein Teil davon – frühstücken, plaudern, fallen lassen. Dann meine Frage, ob wir nun noch eine Stunde schreiben wollen. Nein. Wollten wir nicht. Weil letztes Mal, da war doch diese Idee. Die mit der neuen Anthologie. Also, wie tun wir jetzt? Wir könnten doch … Nein, das ist unprofessionell. Aber dann vielleicht … Da müssten wir zu viel Geld in die Hand nehmen und wissen nicht, ob es wieder reinkommt. Aber …

Babygeschrei. Mütter und Väter beugen sich über das Neugeborene. Ein Blog. Einer mit Kurzgeschichten zu bestimmten Themen. Aus dem können wir dann immer noch eine Anthologie machen, sie lektorieren und ein Cover gestalten lassen und veröffentlichen. Wie gehabt. So richtig. Mit Lesung. Details – beim nächsten Treffen. Da taufen wir dann unser Kind – auf den Namen „Die Wort-Spieler“. Niemand will jetzt so genau wissen, wo mir der Name eingefallen ist 🙂 Aber er ist mir aus dem Hirn gehüpft, noch bevor die anderen da waren, einfach so.

Anschließend noch das Buch Quartier.

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Foto: Melpomene Kriz

Nur Louisa Rabenschwarz konnte nicht mit. Immerhin war sie nach langer Zeit wenigstens beim Frühstück wieder dabei.
Neue Kontakte, interessante Ideen, ein Weihnachtsgeschenk für meinen Agenten (und das, obwohl ich bekennende Weihnachts-verweigererin bin!, aber das Ding war einfach „aufgelegt“) und – ein alter Kontakt. Ja, wenn ich die Trilogie soweit überarbeitet habe, dass der erste Teil passt, soll ich das Manuskript noch einmal schicken. Es war ja gut. Paul Decrinis stellt ein paar Fragen. Wie denn die Auswahl vor sich geht und wie wichtig ein gutes Exposé ist. Die Antwort bestätigt mir noch einmal: Ja, das Manuskript war in der engsten Wahl. Die Geräusche rund um mich verschwimmen, werden zum Rauschen, als hätte ich unsichtbare Kopfhörer auf. Augentropfen brauche ich heute keine mehr, es ist genug Flüssigkeit da.

Zahn in der Handtasche, Spitzbärte auf der Burg, Mutanfall, Biederfrau und mehr

Nur, weil ich nicht so viel blogge wie andere, heißt das ja noch lange nicht, dass ich nicht schreibe!

Im Gegenteil.
„Sandra“ hat eine Pause gebraucht, also wurde mein erster Heftroman fertig. Romantasy in Paraguay, ich habe meinen Spaß gehabt, so vor mich hin zu „schwülsteln“! Zwei der drei Testleserinnen haben ihn schon, ich bin ja neugierig, was sie dazu sagen.
Jetzt ist „Sandra“ wieder an der Reihe. Einmal komplett durchlesen und die letzten Änderungen, dann geht auch sie an die Testleserschaft (ein Mann ist auch dabei, wofür ich wirklich dankbar bin).
Samstag gab´s Recherche. Ich bin ja nicht so die Computer-Spielerin (abgesehen von meiner virtuellen Farm, weil mir ja die Echte noch nicht reicht 🙂 ), also habe ich mir eine LAN-Party gegeben. Auf der Burg Kreuzenstein, genauer gesagt, in der Burgtaverne im Keller. Ein faszinierendes Erlebnis, ich schätze, das landet in der „Hutständerin“, meinem zweiten Roman (Erstentwurf ist fertig, nach den Erfahrungen mit „Sandra“ habe ich das Projekt schon ganz anders in Angriff genommen gehabt.) In einem mittelalterlichen Ambiente, mitten in den Vorbereitungen zur Saisoneröffnung Ende März stehen da auf dicken, massiven Holztischen und Bänken Rechner unteschiedlichster Gestalt im Dämmerlicht. Die Männer: alle mit Gamsbart und Kopfhörern. Nein, Klaudias Mann ohne Bart. Klaudia sitzt mit einer Bekannten am Nebentisch, rauft sich die Haare wegen des Textes für einen Wettbewerb um ein Krimi-Stipendium. Mein Laptop ist übrigens lauter als alle Rechner dort zusammengefasst.
Klaudia schiebt mich auf ihren Platz und meint: „Spielen“. Ha, bitte was?
Autorennen. Jeder gegen jeden und das Wichtigste: mach sie fertig. Was mir wahrscheinlich gelungen ist, aber nicht wegen meines tollen Fahrstils…
Die Grafik war jedenfalls gut: in den Kurven wurde mir schlecht.
Später Wechsel zu Klaudias Notebook und bemurmeln, wie die noch fehlenden Seiten gefüllt werden könnten. Dazwischen das Klacken von Tastaturen, leises Rauschen der Lüfter und „pass auf, oben!“ (sie haben sich inzwischen mit Zombies herumgeschlagen).

Gestern Brunch im Café Benno – ja, die Täter kehren tatsächlich immer wieder zurück. Louisa, die bei der Lesung nicht anwesend war, weil „Quasimodo-Backe“, ist ihren Zahn inzwischen los und trägt ihn in der Handtasche mit sich.
Anni bloggt inzwischen auch, nennt sich „Biederfrau“ und möchte hin und wieder aus der Komfortzone raus (zum Unterschied von mir; Ich möchte nach all den Jahren da erst einmal wieder hinein 🙂 ), Paul erzählt, warum er mit Leihwagen unterwegs ist und statt aus Graz gerade aus Nürnberg kommt, und ich berichte von meinen Erfahrungen als Testleserin eines erotischen Liebesromans. Wir planen endlich wieder ein „Write-In“ (nach Möglichkeit in Zukunft regelmäßig), unsere Jour-Fixes wollen wir auch wieder aufnehmen (Brunch im Benno bietet sich an) und ansonsten fallen wir nicht weiter auf (glaube ich).

Auf Klaudias Anraten bringe ich mich beim Verlag, mit dem ich auf der „Buch-Wien“ wegen Sandra in einer Art Größenwahn gesprochen habe, in Erinnerung. Die Mail zu schreiben fällt mir schwerer als „Sandra“ noch drei Mal überarbeiten. Weil: Ja, es fühlt sich alles sehr richtig an, vor allem seit unserer Lesung. Aber es ist doch was Anderes, hinaus zu gehen und zu sagen: „Da bin ich“, als im stillen Kämmerlein zu schreiben oder in der Gruppe gescheit daherzureden.

So, das war´s vorläufig von meiner Front 🙂

Mutanfall

War es die Atmosphäre? Der Lärm? Annis Gegenwart? Egal. Etwas hat gestern im Buchquartier mein Hirn außer Kraft gesetzt. Nach einer Lesung, die stark unter der „Akustik“ gelitten hat, lande ich beim Schlendern bei einem der Verlagsstände. Ein Plakat oder ein Roll-Up mit einem klaren „Ja“ zur Belletristik hat mich in seinen Bann gezogen. Ich frage die Dame, ob sie auch „freche Frauen“ im Programm haben. Ein fester Blick zwingt mich, das Wort auszusprechen, das sonst kaum jemand kennt: „Chick-Lit“. Die Dame lächelt und weist auf eine Reihe Bücher. Die Cover kommen mir bekannt vor. Ja, auf deren Homepage war ich doch schon! Jetzt wird es ernst. Ich oute mich als Schriftstellerin auf der Suche nach einem Verlag. Ob ich schon Veröffentlichungen habe. Ja, eine. Eine zweite folgt, die hab ich grad von meiner Lektorin zurückbekommen.
„Lektorin klingt gut.“
Ja, ist auch mein Schreibcoach.
„Schreibcoach klingt auch gut. Zielgruppe?“
Frauen ab ca. 45.
„40 Plus oder 50 Plus?“ – Sie will eine Entscheidung.
„50 Plus.“

Jetzt habe ich zwei Visitenkarten in meiner Tasche. Eine von ihr, eine von der Dame, die die Manuskripte annimmt. Papier bitte, und auf keinen Fall mehr als 300 Normseiten. Wenn ich es bis Februar schaffe (und das Manuskript angenommen wird), kommt „Sandra. Nicht mehr lieb“ im Frühjahr 2016 heraus.

Und wann begreife ich endlich, was da gestern passiert ist?