#LoveWritingChallenge Tag 7: Lieblingscharakter

Soso. Bei dieser Aufgabe hätte ich zwar gerne den Plural, aber es ist besser so. Sonst würde dieser letzte Beitrag der ersten Woche ziemlich lang 🙂
Es ist wie im realen Leben: die meisten Menschen sind mir egal. Wenn mir eine Figur egal ist, ich keine Emotionen für sie entwickeln kann, dann wird sie auch flach. Bleibt zweidimensional. Kann höchstens der Briefträger sein, der einmal vorkommt und dann nie wieder.
Auf irgendeine Weise liebe ich sie alle, auch die „Bösen“. Unter Anführungszeichen sind sie deshalb, weil es mit ganz wenigen Ausnahmen (in der Weltpolitik fallen mir da gerade einige ein) kein „Gut“ und kein „Böse“ gibt. Nicht für sich alleine. Niemand ist nur so oder so.

Ich liebe Herrn Anton. Er lebt in Heinrichsbirken, ist geistig behindert, ist der Empath schlechthin. Nachdem er sich mit dem Artikulieren plagt, reagiert er sich auf seine Weise ab: Er schraubt Winter wie Sommer den Schneepflug auf den Bobcat der Gemeinde Heinrichsbirken (durch Hilfsarbeiten verdient er sein eigenes Geld) und fährt durch die Gassen, als wollte er alles, was ihn bewegt, damit zur Seite schaufeln. Jedes Mal, wenn er das tut, würde ich ihn am liebsten umarmen und besänftigen. „Alles wird gut“
Ich liebe Sandra, die hoch erhobenen Hauptes ihren Mann und mit ihm auch gleich die ganze Einrichtung aus dem Haus wirft.
Maggie, das verrückte Huhn mitsamt ihren ewigen Karottenjeans. Natürlich liebe ich Charly, Tante Erna, Telly und sogar Sebastian Steiger, den oberg´scheiten
G´schaftlhuaber. Mit dem man sich´s besser gut stellt, wenn man in Heinrichsbirken überleben will.

Aber ja, es gibt einen, den konnte bisher noch niemand vom Thron stoßen: Michael Steiner. Und deswegen stelle ich ihn Euch heute noch ein wenig näher vor.
Michael Steiner lebt in Wien, ist etwa 45 Jahre alt und arbeitet in dem Bezirk, zu dem Heinrichsbirken gehört, als Gerichtsvollzieher.
Er sieht aus wie Simon Bakker und ist ein wenig klein gewachsen. Aber sobald er das erste Wort gesprochen hat, weiß man genau: bei dem hält man sich besser an die Abmachungen.
Er hätte gerne Ordnung auf seinem Schreibtisch, doch er schafft es einfach nicht. Die Akten türmen sich, werden immer mehr.
Auf seine Schuhe ist er ganz besonders heikel.
Seine kleine Schwester (Konzertpianistin) hat er immer beschützt, wenn der Vater (ebenfalls Beamter, nur halt im Ruhestand) darauf bestanden hat, dass sie „was Gescheites“ lernt.
Geschieden ist er und kinderlos. Bodenständig. Und eigentlich ist er sehr gutmütig, was er oft vor seinen „Patienten“ verbergen muss.

Was ich an ihm so liebe, ist sein innerer Konflikt.
Nichts geht ihm über seine Sicherheit. Niemals würde er freiwillig seine Komfortzone verlassen und ein Risiko eingehen. Nie. Nicht für Geld, nicht für die Ehre, nicht einmal … für die Liebe. Aber genau die erwischt ihn schlimmer als eine Pleite der Beamten-Pensions-Versicherung ihn erwischen könnte.
Sandra, die Unternehmerin, hat es ihm angetan. Sandra, die in seinem Revier lebt und die Sozialversicherung nicht bezahlen kann. Sandra, bei der er beinahe den  Konkurs hätte vollstrecken müssen.

Ja, das war sie, die Woche eins. Und ich habe schon gesehen, welche Themen in der zweiten Woche auf uns, die wir an der Challenge teilnehmen, lauern.

#LoveWritingChallenge Tag 6: Fun Fact

Stell Dir vor, Du sitzt in einem Café, isst eine Kleinigkeit oder stehst an der Theke und rauchst. Vielleicht unterhältst Du Dich auch mit jemandem.
Und dann …
Dort, am „Katzentischerl“, da sitzt eine Frau. Eigentlich sieht sie gar nicht betrunken oder „eingeraucht“ aus.

Hin und wieder gehe ich auf einen „Schreibkaffee“ – mit mir und meinen Welten. Und mit Füllfeder und Block. Hin und wieder beschreibe ich ganz genau, was ich hier sehen, hören, riechen, spüren oder schmecken kann. Was ich nicht mehr mache – nie wieder! – sind aber Charakterinterviews.
Da sitze ich im Hansson-Zentrum in einem Café, bestelle eine Melange mit viel Zucker und mir gegenüber sitzt – fiktiv! –  Michael Steiner. Nach dem Small Talk („Haben Sie gut her gefunden?“, „Das Wetter ist heute leider nicht so, dass man draußen sitzen könnte“ …) stelle ich ihm dann die Fragen, die ich ausgedruckt und mitgenommen habe. Es sind Fragen zu Einstellungen wie: „Was halten Sie von der Todesstrafe?“, zu Erinnerungen: „Was war das Peinlichste, das Ihnen je passiert ist?“, aber auch zur Geschichte an sich.
Michael scheint den Sinn nicht immer zu verstehen, sieht mich manchmal seltsam an, aber er antwortet. Ich glaube, von den über 100 Fragen, wollte er vielleicht zu einer oder zweien keine Antwort geben.
Nach einiger Zeit rückt er den Sessel an meine Seite, wir werden langsam warm miteinander. Wechseln zum „Du“. Er spricht lebhafter. Immer wieder wechselt mein Blick zwischen dem Fragebogen, meinem Notizblock und Michaels Augen hin und her.
Michael ist zwar „kopflastig“, sehr kontrolliert, aber auch sehr emotional. Und dann passiert´s.
Er steht auf. Geht im Lokal auf und ab. Redet lauter, gestikuliert. Ich sitze da und folge ihm. Mit dem Kopf, mit den Augen.

Bis der Kellner zu mir kommt, mich forschend anschaut und fragt: „Alles in Ordnung? Brauchen Sie noch was?“

Gedankensplitter

Ein Blogeintrag einer ebenfalls schreibenden Freundin passt gerade gut zu meiner völlig übermüdeten und daher nachdenklichen Stimmung. Sie beschreibt ihren Kampf gegen den Alltag, der sicher auch aus Dingen besteht, die sie liebt, aber gerade im November, dem weltweiten Monat des Schreiberwahns, scheint sich alles gegen uns verschworen zu haben. Auch die Dinge, die wir ansonsten gerne tun: da draußen scheint gerade die Sonne. Das vom Regen der letzten Tage noch nasse Laub schimmert auf der Wiese und lockt: „Komm, nimm den Rechen und spiel mit mir“. Und ich sage „Später.“

Es ist schon eine ganz eigene Welt, in der wir uns befinden. Einmal tun wir das, was andere „Leben“ nennen, und dann wieder rennen wir in eine Art Parallelwelt. Alles, was auf der „realen“ Welt ist, kann zu einer Inspiration für die Anderswelt werden.
Gestern, auf einer unerwartet schlechten Veranstaltung der Wirtschaftskammer, haben mir wengstens zwei Referenten Details zur Beschreibung von Szenen geliefert, der Zweite kann es in seiner Absurdität sogar zur Vorlage für eine Figur bringen (so ist er wenigstens für Irgendwas gut…). Ein dritter Vortragender die Idee, dass „Sandra“ unbedingt einen 3D-Drucker braucht. Die Freundin, die ich mitgenommen hatte, habe ich möglicherweise ein wenig verletzt, als ich sagte: „Die Schreiberlinge sind die Herde, zu der ich gehöre.“ Manchmal kommt es mir vor, als wären wir eine Art Geheimbund. Eine Minderheit, die versucht, eine harmlose (aber den „Normalen“ unheimliche) Psychose vor der Öffentlichkeit zu verbergen. Sowas verbindet natürlich :-).  Dabei ist mein zweiter Vorname „Einzelgänger“! Und auch die Baustelle meiner Freundin inklusive deren wunderschönes Dachzimmer (genauer gesagt: wunderschön werdendes Dachzimmer) wurden zur Quelle der Inspiration. Denn sie (die Freundin) ist die Vorlage eines sehr wichtigen Charakters in meinem Roman – nur natürlich bis zur Unkenntlichkeit übersteigert. Das weiß sie übrigens auch.

Wen wundert es, wenn der Alltag seinen Tribut fordert, für alles das, was er uns an Ideen bringt :-)? Na gut, liebes Laub. Ich komme. Sobald Du etwas trockener bist.

NaNoWriMo – die Vorbeben

In immer kürzeren Abständen kommen die mails von den Organisatoren.
In unserer Facebook-Gruppe werden Treffen organisiert, Vorsätze gefasst, und Fortschritte in den Vorbereitungen gepostet. Fehlen nur noch ein paar Cheerleader. Mein Gefrierschrank platzt aus allen Nähten, der Vorratsschrank ist voll mit Kaffee und zur Sicherheit sogar Konservendosen.
Die Charaktere sind weitgehend überarbeitet, ebenso der Plot.
Die Buddies sind überprüft und die Liste vervollständigt.
Holz ist eingelagert.
Auf der Post steht die Urlaubsbox, Outlook verschickt ab 1. November Abwesenheitsmeldungen und an der Gegensprechanlage hängt ein Schild: „Novelist at work. Do not disturb.“ (nein, nicht wirklich, aber schön wäre es ja doch).
Der Wecker wird eine Stunde früher gestellt, man weiß ja nie, ob der Tag einem nicht Knüppel vor die Füße wirft, die uns am Schreiben hindern wollen.
Ja, es ist bald wieder soweit: 50.000 Wörter, 30 Tage, Null Ausreden – NaNoWriMo!