Stell Dir vor, Du sitzt in einem Café, isst eine Kleinigkeit oder stehst an der Theke und rauchst. Vielleicht unterhältst Du Dich auch mit jemandem.
Und dann …
Dort, am „Katzentischerl“, da sitzt eine Frau. Eigentlich sieht sie gar nicht betrunken oder „eingeraucht“ aus.
Hin und wieder gehe ich auf einen „Schreibkaffee“ – mit mir und meinen Welten. Und mit Füllfeder und Block. Hin und wieder beschreibe ich ganz genau, was ich hier sehen, hören, riechen, spüren oder schmecken kann. Was ich nicht mehr mache – nie wieder! – sind aber Charakterinterviews.
Da sitze ich im Hansson-Zentrum in einem Café, bestelle eine Melange mit viel Zucker und mir gegenüber sitzt – fiktiv! – Michael Steiner. Nach dem Small Talk („Haben Sie gut her gefunden?“, „Das Wetter ist heute leider nicht so, dass man draußen sitzen könnte“ …) stelle ich ihm dann die Fragen, die ich ausgedruckt und mitgenommen habe. Es sind Fragen zu Einstellungen wie: „Was halten Sie von der Todesstrafe?“, zu Erinnerungen: „Was war das Peinlichste, das Ihnen je passiert ist?“, aber auch zur Geschichte an sich.
Michael scheint den Sinn nicht immer zu verstehen, sieht mich manchmal seltsam an, aber er antwortet. Ich glaube, von den über 100 Fragen, wollte er vielleicht zu einer oder zweien keine Antwort geben.
Nach einiger Zeit rückt er den Sessel an meine Seite, wir werden langsam warm miteinander. Wechseln zum „Du“. Er spricht lebhafter. Immer wieder wechselt mein Blick zwischen dem Fragebogen, meinem Notizblock und Michaels Augen hin und her.
Michael ist zwar „kopflastig“, sehr kontrolliert, aber auch sehr emotional. Und dann passiert´s.
Er steht auf. Geht im Lokal auf und ab. Redet lauter, gestikuliert. Ich sitze da und folge ihm. Mit dem Kopf, mit den Augen.
Bis der Kellner zu mir kommt, mich forschend anschaut und fragt: „Alles in Ordnung? Brauchen Sie noch was?“
😀 Kann ich mir bildlich vorstellen. Lustige kleine Anekdote. Aber immerhin ist es toll, dass Du ihn Dir so lebhaft vorstellen kannst, das ist auch nicht jedem gegeben, mir könnte das mangels visueller Vorstellungskraft gar nicht passieren 😉
Liebe Grüße
Claudia
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Danke schön! Gerade habe ich zu Tag 9 (Filme und Serien als Inspirationsquelle) geschrieben, dass ich gar kein so besonders visueller Typ bin 🙂 Auch meine Figuren sehe ich erst so richtig, wenn ich ein „Gespür“ für sie entwickelt habe. DAS ist der Moment, an dem sie lebendig werden. So lebendig, dass sich manche „lebende“ Menschen daran ein Beispiel nehmen könnten 🙂
Liebe Grüße
Nina
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