Nachdem ich diesen Blogeintrag nicht einfach mit einem Satz und den dazu gehörigen Erklärungen schreiben will, poste ich eine Szene – und wenn die jemand klaut, kann ich hiermit beweisen, dass sie geklaut ist 🙂
Maggie aus „Writer. Schreiben kann doch jeder“ (noch im Erstentwurf) kommt von einer Party nach Hause und erzählt Tante Erna (dem sprechenden Biedermeierspiegel, den ich Euch in Tag 1 vorgestellt habe), was dort passiert ist.
‘Schon wieder zuhau… Was ist denn los?’
Maggie raste wortlos ins Haus, warf ihre Handtasche ins Eck zwischen Spiegel und Badezimmer; aus einem Seitenfach kullerte das Handy, aus dem hinteren Fach ein Packerl Kondome.
“Tante!”, schnaubte sie und kickte den linken Schuh vom Fuß.
‘Was hab´ ich denn jetzt schon wie…?’
“Aufgeschundenes Knie”. Der rechte Schuh flog und der Absatz schlug ein Loch in die Wand.
‘Diese High-Heels …’
“Das war ja ein gelungener Abend!”
‘Wenn du den Kaffee fertig hast und es dir wieder besser geht, würdest du´s mir dann erzählen?’
“Wehe, du lachst”, drohte Maggie und stellte sich mit dem Häferl vor den Spiegel.
“Es war erst wirklich lustig, lauter bekannte Gesichter, nix Neues dabei.”
‘Oje.’
“Es wäre besser gewesen, das wäre auch so geblieben. Dann läutet´s und ein hübsches Fischerl kommt herein. Nett. Richtig süß. Ein bisserl dick vielleicht, aber wirklich nur ein bisserl”. Sie unterbrach sich und ging wieder zum Herd, wo schon der nächste Kaffee durch die Espressokanne gelaufen war. Dabei stieß sie mit dem Kopf gegen die offene Türe eines Oberschrankes. Des einzigen Oberschrankes.
“Auch schon egal”, murmelte sie und rieb sich die schmerzende Stelle.
“Wo war ich?”, wollte sie wissen, nachdem sie mit dem zweiten Schlummertrunk wieder im Vorzimmer stand.
“Ja, der Ernstl. Du, das hat wirklich gut ausgeschaut! Er kommt zu mir, setzt sich ganz dicht neben mich, obwohl auf der Couch noch genug Platz ist und legt den Arm um mich. Plaudert, ich finde seine Anmache richtig originell, nicht so die üblichen Sprüche, weißt du. Und dann sagt der auf einmal, er fühlt sich bei mir so richtig wohl. Wie bei einer Tante, zu der man mit einem aufgeschundenen Knie laufen kann, die einen Verband und ein Busserl drauf gibt und einem dann noch einen Milchreis vorsetzt. Und auf deren Verschwiegenheit man sich verlassen kann. Hast du sowas schon ge…”
Bei der Schilderung hatte Maggie so heftig gestikuliert, dass etwas Kaffee übergeschwappt war.
‘Wie alt war denn der Gute?’, wollte Tante Erna wissen, die Worte kamen ein wenig abgehakt.
“Keine Ahnung. Vielleicht fünfundzwanzig, dreißig. Ich hab´ gesagt, du sollst nicht …”
Der Spiegel lachte und lachte, dass das Glas vibrierte.
‘Hast du ein Taschentuch für mich? Ich kann nicht mehr!’, wieherte Tante Erna, schnappte nach Luft, und als sie sich halbwegs beruhigt hatte, stellte sie die böseste aller Fragen überhaupt: ‘Wie alt bist du denn eigentlich?’
“Einundfünf…, was spielt das für eine Rolle? Hör auf zu lachen, du hast versprochen, dass du ernst bleibst!”